Gefahrenpunkt Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG. BFH lässt partielle Geschäftsveräußerung im Ganzen zu.

BFH Urteil vom 24.02.2021 – XI R 8/19; BFH/NV 2021, 1308 

Eine (partielle) Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG liegt vor, soweit der Erwerber das zunächst vom Veräußerer gepachtete –teilweise eigenbetrieblich genutzte und teilweise untervermietete– Grundstück nach dem Erwerb weiterhin teilweise vermietet. 

Ein weiterer Fall in den endlosen Weiten der sog. „GiG“. 

Clever hatte von A ein Grdst. gepachtet. Dort befand sich u. a. sein Betriebssitz. Soweit keine Nutzung durch ihn selbst erfolgte, hatte Clever das Grundstück untervermietet. 

  • tw. eigene unternehmerische Selbstnutzung; tw. Vermietung 


In 2021 kauft Clever dieser Grdst. von A.
 

  • mit Option steuerpflichtig à Reverse-Charge gem. § 13b.2 Nr. 3 UStG; voller Vorsteuerabzug 
  •  später verfolgte eine Anpassung der Vorsteuer durch Berichtigung iSd. § 15a.10 UStG wegen tw. steuerfreier Vermietung 

BP korrigiert später das Kaufjahr 2021, da das Grundstück im Zeitpunkt des Erwerbs zu 65,9 % für steuerpflichtige Umsätze und zu 34,1 % für den Vorsteuerabzug ausschließende, steuerfreie Vermietungsumsätze verwendet wurde. 

Entscheidung 
Für die Eigennutzung kann keine nicht steuerbare GiG iSv. § 1 Abs. 1a UStG vorliegen. 
Hierfür ist erforderlich, dass die Vermietungstätigkeit fortgeführt wird (wenn auch nicht der konkrete Mietvertrag). 

  • eine Gig ist somit nur gegeben soweit der bisherige Vermieter einer Immobilie diese an den bisherigen Mieter veräußert, der diese bisher untervermietet hatte 
  • der bisherige Untervermieter vermietet nach dem Erwerb (neu) als Eigentümer (aus eigenem Recht) 
  • diese Vermietungstätigkeit aus eigenem Recht übte zuvor der bisherige Vermieter als Eigentümer aus 
  • ersatzlos entfallen ist die Untervermietung = der bisherige Untermieter ist nicht mehr Untermieter, sondern „normaler“ Mieter 

Dies führt somit zur „anteiligen“ GiG. 

Kritik? 
M.E. kann die Entscheidung des FH in Frage gestellt werden. 

  • 1.1a UStG verlangt „oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen“ – nicht jedoch eine nur anteilige Tätigkeit.
  • ein Unternehmen im Ganzen ist hier nicht gegeben und 
  • auch nicht ein ustlich gesondert geführter Teilbetrieb 

Entscheidend ist, dass die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um dem Erwerber die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit zu ermöglichen, und der Erwerber dies auch tatsächlich tut à insoweit in Gänze und nicht teilweise … 

  • Grundsatzentscheidung EuGH v. 10.11.2011, C-444/10, Christel Schriever, BFH/NV 2012, 154. 

Auch ein einzelnes WG/Gegenstand kann ein “Unternehmen im Ganzen” sein, und somit die wesentliche Betriebsgrundlage für eine Geschäftsveräußerung darstellen. Insbesondere liegt dies bei der Übertragung von Grundstücken vor. 

  • die Übertragung eines Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmens stellt unter den weiteren Voraussetzungen eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung dar 
  • die aktuelle Entscheidung führt mE. aber zu Zersplitterung des WG/Gegenstandes, da auf die Nutzungen abgestellt wird 

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen à dies hieße aber entweder 100% oder 0% GiG (?) 

  • so hatte der BFH entschieden, dass die Veräußerung einer Immobilie an den Mieter des Objekts nicht zu einer Geschäftsveräußerung führen kann, da der Mieter nicht das “Vermietungsunternehmen” des Veräußerers fortsetzt, sondern das Objekt in der eigenen unternehmerischen Betätigung aufgeht – BFH v. 4.9.2008, V R 23/06, BFH/NV 2009, 426 

Die Vorinstanz hatte hier auch noch zu 100% gegen die GiG entschieden! 

Beachte: die aktuelle Entscheidung zeigt erneut auf wie fragil auch die Verknüpfung zur Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG als potenzielle Folgewirkung ist. Hier sei draufhingewiesen, dass die Thematik schon immer ein erhöhtes Augenmerk bedeutet hat. 

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