Aktuelle Entscheidung zu Saisonarbeiter und Lohnsteuerhaftungsbescheid:
FG Münster Urteil vom 25.05.2022 – 7 K 3447/18 L
Was war Gegenstand? Clever beschäftigt Saisonarbeiter und stellt diesen insgesamt 20 Wohncontainer und 10 Wohnwagen zur Verfügung.
Die Wohncontainer haben eine Wohnfläche von ca. 6 qm und verfügen über keinen Vorflur oder Windfang. Sie sind mit einer mobilen Kochplatte, einem Kühlschrank sowie mobilen strombetriebenen Heizkörpern ausgestattet. Die Wohnwagen haben eine Wohnfläche von ca. 7,5 qm und sind mit einer Küchenzeile samt Wasseranschluss und teilweise mit einem Vorzelt ausgestattet. Sie sind grundsätzlich von zwei Personen – meist Ehegatten – belegt.
Die sanitären Anlagen sind in vier Sanitärcontainern untergebracht und von den Wohncontainern und Wohnwagen nur über den Außenbereich zu erreichen. Die Sanitärcontainer sind mit Toiletten, Duschen und Waschmaschinen bzw. Waschrinnen ausgestattet. Die Gesamtfläche der vier Sanitärcontainer beträgt rund 63 qm. Die Wäsche wird in der Regel auf Wäscheständern im Freien getrocknet.
Clever überlässt Mitarbeitern die Unterkünfte zunächst unentgeltlich. Später erfolgt die Überlassung teilweise gegen Zahlung eines Mietzinses in Höhe von monatlich 100 € und teilweise unentgeltlich.
Clever versteuert in den LSt-Anmeldungen unterschiedliche geldwerte Vorteile – von 15 € bis 150 €, in manchen Monaten zeitanteilig.
Der LSt-Außenprüfer ist der Auffassung, dass die Unterkünfte verbilligt überlassen werden und dass die geldwerten Vorteile gemäß § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG mit den Sachbezugswerten nach § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 SvEV anzusetzen sind. Da dieser Ansatz für das Steuerrecht zwingend sei, könne die Billigkeitsregelung in § 2 Abs. 3 Satz 3 SvEV keine Anwendung finden.
Per Haftungsbescheid wird von Clever gem. § 42d EStG in Höhr der Differenz zu den bisherigen Werten LSt nachgefordert: 6.363,05 € zzgl. Annexsteuern.
Die Klage hatte Erfolg. Der Haftungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt Clever in seinen Rechten. Die vom FA angesetzten Werte sind nach der Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 3 SvEV, welche auch im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG Anwendung findet, unbillig. Die nach § 2 Abs. 3 Satz 3 HS. 2, Abs. 4 Satz 2 SvEV anzusetzenden Werte liegen unter den von Clever bereits erklärten Sachbezugswerten.
Die in der Sozialversicherungsentgeltverordnung enthaltene Möglichkeit, Unterkünfte aus Billigkeitsgründen niedriger als mit den dort geregelten Pauschbeträgen anzusetzen, findet über § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG auch im Steuerrecht Anwendung.
Der Fall ist rechtskräftig. Er zeigt aber wie schnell auch aus lohnsteuerlicher Sicht Streitfälle bei der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften entstehen können.
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Autor: Jürgen R. Schott
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