SV-Recht in der Steuerkanzlei: fehlende Beratungsbefugnis vs. Hinweispflichten

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SV-Recht in der Steuerkanzlei: fehlende Beratungsbefugnis vs. Hinweispflichten

Fragen zum SV-Recht sind in der Steuerkanzlei durchaus heikel ⚠️– einerseits aufgrund der fehlenden Beratungsbefugnis und andererseits aufgrund der Hinweispflichten. Steuerkanzleien sind, auch wenn sie mit der Lohnbuchführung beauftragt sind, zur Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen weder berechtigt noch verpflichtet. Allerdings haben sie im Rahmen des Steuerberatervertrages Hinweis- und Schadensverhütungspflichten.

  • Eine echte Herausforderung.

Praxisfall: Betriebsprüfung der DRV

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) führte für eine GmbH eine Betriebsprüfung durch. Der Schwerpunkt lag auf der sv-rechtlichen Beurteilung der Gesellschafter-Geschäftsführer. Diese wurden im Lohn lohnsteuerpflichtig, aber sozialversicherungsfrei abgerechnet. Da es jedoch drei zu je einem Drittel beteiligte Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer ohne umfassende Sperrminorität waren, hatte das die Prüferin der DRV die SV-Freiheit beanstandet. In Summe wurden SV-Beiträge in Höhe von 105.846,80 € nachberechnet.

Damit hatte die Mandantin einen Vermögensschaden in Höhe von 105.846,80 € zu begleichen.

Hier kam nun die Frage nach der Haftung der mit der Lohnbuchführung beauftragten Steuerkanzlei ins Gespräch. Kann sich die Steuerkanzlei auf die fehlende Beratungsbefugnis berufen oder sind trotz dessen Hinweispflichten zu erfüllen? Das musste letztlich das OLG entscheiden.

Rechtsprechung zur fehlenden Beratungsbefugnis vs. Hinweispflichten

➜Das OLG Hamm gab mit Urteil vom 08.04.2022, 25 U 42/20, der GmbH Recht und die Steuerkanzlei wurde zur Zahlung von 105.846,80 € an die (ehemalige) Mandantin verurteilt.

Das entspricht letztlich auch der Auffassung des BGH. Dieser hatte mit Urteil vom 06.06.2019, IX ZR 115/18, Folgendes geprägt:

  • „Steuerberater müssen Mandantinnen (GmbH) auf die fehlende Befugnis hinweisen, die SV-Pflicht bzw. -Freiheit eines Geschäftsführers zu beurteilen.
  • Steuerberater müssen die GmbH dahingehend beraten, dass die Statusprüfung von Gesellschaftern und Geschäftsführern einer GmbH von Rechtsanwälten vorgenommen oder auch im Rahmen einer Statusanfrage bei der Clearingstelle der DRV rechtssicher geklärt werden kann.“

Fazit zum SV-Recht in der Steuerkanzlei

Somit müssen die Mitarbeiter in den Steuerkanzleien letztlich doch auch Probleme im SV-Recht erkennen können. Erst dann sind sie in der Lage auch ihren Hinweispflichten nachzukommen. Das sollten die Steuerberaterinnen und -berater nicht auf die leichte Schulter nehmen, wie der obige aktuelle Fall gezeigt hat.

Quellen:

Urteil des OLG Hamm

Urteil des BGH

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Autor: Jörg Romanowski
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