BFH sanktioniert Schätzmethode

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Abwehrberatung: BFH sanktioniert Schätzmethode der Betriebsprüfung als nicht verhältnismäßig 

Schätzmethode – Sachverhalt

Der Klassiker im Gastronomiebereich: die Außenprüfung stellt Mängel in der Buch- und Kassenführung fest. 

Auf Basis von Z-Bons ermittelte die Betriebsprüfung (= BP) einen durchschnittlichen Tagesnettoumsatz von 76 € pro Tag und Stuhl (Sitzplätze im Innenbereich). Die ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze waren Basis für den Wareneinsatz – die BP legt die obere Skala zugrunde. 

BFH sanktioniert Schätzmethode – Urteil

Bei zwei Urteilen vom 16.12.2021  hielt der BFH die Revisionen des Kläger für begründet und gab vor: 

  • eine Schätzungsbefugnis war aufgrund der Mängel zwar gegeben, aber die Schätzung selbst war unschlüssig und deshalb unverhältnismäßig 
  • dem Finanzgericht wurde vorgegeben (für den 2. Rechtsgang) darzulegen, welcher Schätzungsmethode es sich bedienen will, wenn diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen 
  • Wichtig: FA und FG haben darzulegen, dass und wie es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat! 

Schätzmethode muss von Verwaltung dargestellt und begründet werden

In der Urteilsbegründung erläutert der BFH ausführlich die Systematik der Schätzung i.S. des § 162 Abs. 1 AO. 

Begründungszwang für FA und FG: welche Schätzungsmethode wird dem Ziel am besten gerecht, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen! 

  • Für diese Schätzungsmethode ist relevant, ob sie dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und nicht gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt 
  • die Schätzungsergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein 

Praxisrelevanz der Schätzmethode 

Gerade dieser letzte Punkt ist für die Praxis enorm wichtig! Steuerberater kennen ihre Mandanten am besten – sind die Mehrergebnisse „schlichtweg Unsinn“, so ist zwingend dagegen vorzugehen. 

Dabei ist selbstredend auch das Maß der Verletzung der dem Mandanten obliegenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen! 

☞Beachte: das FA ist in der Wahl seiner Schätzungsmethoden grundsätzlich frei – allerdings muss die angewendete Schätzmethode den o.a. Kriterien standhalten. 

  • hier ergänzt der BFH den Grundsatz, der sich aus § 5 AO in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt. ➜Die Wahlfreiheit des FA bzw. FG bei der Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzmethoden ist nach den für die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geltenden Grundsätzen eingeschränkt. ➜Dabei sind auch Verhältnismäßigkeitserwägungen zu beachten.

zurück zum Sachverhalt

Im Klagefall waren Hinzuschätzungen bei den Erlösen aber gerade nicht schlüssig. Rechtsfrage?

  • ☞inwieweit sind Tagesendsummen an zwei Tagen im August des Jahres xy repräsentativ für alle Monate dieses Jahres ? 

Fazit: zwei als Lektüre  lohnende BFH-Urteile! 

PS: auch eine Teilnehmerin der Nautilus-Akademie hat aktuell einen vergleichbaren Praxisfall: „Angebot“ Prüfer: ca. 1.300.000 € Mehrergebnis; nach der Schlussbesprechung waren es noch ca. 130.000 € 👀 😱 🤣 – auch ein Klassiker. 

☞Die NAUTILUS-Akademie war hier im Rahmen der Rettungsring-Methode TM unterstützend tätig. 

Weitere Unterstützung

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Quellen:

Autor: Jürgen R. Schott
Vita und Seminare

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