Was passiert, wenn die Bewirtungsrechnung handgeschrieben ist?
Gesetzestext
§ 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG
☞ Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen
Aussagen des BMF zur handgeschriebenen Bewirtungsrechnung
BMF-Schreiben vom 30.06.2021 zur steuerlichen Anerkennung von Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass in einem Bewirtungsbetrieb als Betriebsausgaben:
☞ Die Rechnung muss, soweit im Folgenden nichts Anderes geregelt ist, nach R 4.10 Absatz 8 Satz 8 EStR den Anforderungen des § 14 UStG genügen. Sie muss maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet sein.
So in Rz. 1 geregelt, wird in Rz. 8, 10 (Regelung zur TSE), 19 wiederholt.
Prüfungsfall
Nun geschah es , dass ein Prüfer Gaststättenbelege (über ca. 1.500 €) handgeschrieben, nicht maschinengedruckt, auffand. Sodann verneinte er die Anerkennung komplett (100%).
Gegenargumentation bei handgeschriebenen Bewirtungsrechnungen
Entgegen der Auffassung des FA sind jedoch Bewirtungsaufwendungen nicht deswegen abzuerkennen, weil die Gaststättenrechnung handgeschrieben, nicht maschinengedruckt ist. Für diese vom FA angenommene Anforderung findet sich keine Rechtsgrundlage.
- so auch jüngst FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 08.11.2021 – 16 K 11381/18
- auch der BFH hat in seinen Grundsatzurteilen zu den Formerfordernissen von Bewirtungsaufwendungen die Notwendigkeit einer maschinellen Rechnung nie erwähnt (exemplarisch BFH, Urteil vom 27.06.1990 I R 168/85, BStBl II 1990, 903; BFH, Urteil vom 18.04.2012 X R 57/09, BStBl II 2012, 770)
Fazit
Ein schöner Fall für die Praxis und die notwendige Abwehrargumentation. Insbesondere weil aufgrund des o.a. jungen BMF-Schreibens die Gefahr besteht, dass Prüfer dies verstärkt prüfen (wollen) ⚠️.
Hinweis:
- Rz. 1 regelt, dass jede RG maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet sein muss – was schon denklogischer Unsinn ist, wenn zB. eine offene Ladenkasse geführt wird
- in Rz. 10 heißt es dann: „Verwendet der Bewirtungsbetrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion i. S. d. § 146a Abs. 1 AO i. V. m. § 1 KassenSichV, werden für den Betriebsausgabenabzug von Aufwendungen für eine Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass nur maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen anerkannt.“
- auch dies ist systematisch schlichtweg falsch!
- es mag der Bewirtungsbetrieb gegen seine Aufzeichnungsverpflichtungen verstoßen = dies mag dann bei ihm berechtigt sanktioniert werden
- was aber hat dies auf Seiten des Rechnungsempfängers für dessen BA-Abzug für eine Relevanz?
Der Klagefall betrifft zwar das Jahr 2014, mag aber aufgrund des aktuellen BMF-Schreibens aktueller denn je sein.
Interessanterweise ist das unterlegene FA in die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH gegangen … diese wurde aber mittlerweile wieder zurückgenommen. ❓Mag das BMF keine höchstrichterlichen Klärungen 🤣?
Lesetipp
Am Rande: das Urteil ist u.a. auch amüsant zu lesen (zT. erhält da FA schlichtweg „Ohrfeigen“ )
- u.a. bestand eine Bewirtung in einem „Katerfrühstück” – berufliche/betriebliche Veranlassung? Aber JA! 🎯
- und: die Nutzung von Apple-Geräten (statt Microsoft) spricht nicht grundsätzlich gegen eine dienstliche Nutzung = Gedankengang des FA haarsträubend 😱 – Antwort des FG „genial“ 🚀
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Quelle: BMF-Schreiben vom 30.06.2021
Autor: Jürgen R. Schott
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