Zuordnungsentscheid bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern
Bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern (10%-Grenze beachten!) ist umsatzsteuerlich folgende Zuordnung denkbar:
- 100% Unternehmensvermögen
- 100% Privatvermögen
- Zuordnung zum Unternehmensvermögen soweit unternehmerisch genutzt
➜ Tipp: Es ist zu empfehlen gemischt genutzte Gegenstände voll dem Unternehmensvermögen zuzuordnen. Es besteht zwar bei Leistungsbezug nur der Vorsteuerabzug in Höhe der unternehmerischen Nutzung. Bei späterer Erweiterung des unternehmerischen Anteils ergibt sich jedoch nur für diesen Fall die Berichtigungsmöglichkeit nach § 15a UStG.
Auffassung der Finanzverwaltung bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern
Nach Meinung der Finanzverwaltung (Abschn. 15.2c Abs. 16 UStAE) muss die Zuordnungsentscheidung zeitnah und nach außen (gegenüber der Finanzbehörde) dokumentiert erfolgen Dies kann
- entweder im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung
- oder mit der zum Regeltermin eingereichten Umsatzsteuererklärung erfolgen.
⚠️ Andernfalls droht das Versagen des Vorsteuerabzugs.
➜ Tipp: Die Zuordnung sollte im Rahmen der laufenden Umsatzsteuervoranmeldung vorgenommen werden. Ist dies nicht möglich, so empfiehlt sich zumindest ein aktives Mitteilen an die Finanzbehörde (z.B. per Fax).
Rechtsprechung
Entscheidung des EuGH (14.10.2021, C-45/20,BFH/NV 2021, S. 1629)
☞ Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie „ist dahin auszulegen, dass er nationalen Bestimmungen nicht entgegensteht, die von einem nationalen Gericht so ausgelegt werden, dass die zuständige nationale Steuerverwaltung den Vorsteuerabzug in Bezug auf einen Gegenstand unter der Annahme, dass dieser dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zugewiesen wurde, verweigern darf, wenn ein Steuerpflichtiger ein Wahlrecht hat, ob er einen Gegenstand dem Vermögen seines Unternehmens zuordnet, und diese Steuerverwaltung nicht spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung in die Lage versetzt wurde, aufgrund einer ausdrücklichen Entscheidung oder hinreichender Anhaltspunkte eine solche Zuordnung des Gegenstands festzustellen, es sei denn, die besonderen rechtlichen Modalitäten für die Ausübung dieser Befugnis lassen erkennen, dass sie nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist.“
Konsequenzen des Urteils:
- Prinzipiell dürften Fristen für die Ausübung des Zuordnungswahlrechts gesetzt werden.
- Die Ausübung des Zuordnungswahlrechts ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug
- Aber: Mitteilung der Zuordnungsentscheidung an die Finanzbehörde ist hingegen eine lediglich formelle Voraussetzung des Vorsteuerabzugs.
- Ein Verstoß gegen eine solche formelle Pflicht darf im Regelfall nicht zum Verlust des Vorsteuerabzugs führen. Dies würde gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen
- Daher: Ein Totalverlust des Vorsteuerabzugs bei Verpassen der Zuordnungsfrist ohne Betrugsfall ist unverhältnismäßig!
BFH Urteil vom 04.05.2022 (XI R 29/21)
Der BFH musste nun in einer Folgeentscheidung prüfen, ob die gegenwärtige Regelung angemessen und damit verhältnismäßig ist.
☞Für die Dokumentation der Zuordnung (grundlegend BFH-Urteil vom 07.07.2011 – V R 42/09, BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76) ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich. Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
Die Tatsache, dass im Lauf des Jahres, in dem eine Photovoltaikanlage erworben wurde, ein Vertrag mit dem Recht zum Weiterverkauf des gesamten von der Anlage erzeugten Stroms zuzüglich Umsatzsteuer abgeschlossen wurde, ist ein Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige die Photovoltaikanlage dem Unternehmen voll zugeordnet hat.
Wichtig für die Finanzbuchführung bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern
Ob die Finanzverwaltung Ihre strengen Anforderungen bezüglich der Zuordnungsentscheidung wirklich aufrechterhalten kann, oder ob die Rechtsprechung hier für den Steuerpflichtigen dann auch im Massenverfahren Vereinfachungen bringt, wird die Fortentwicklung des UStAE zeigen. Bis dahin empfiehlt es sich sicherheitshalber die formellen Anforderungen exakt zu erfüllten, um nicht den Vorsteuerabzug zu gefährden.
Weiterführende Unterstützung
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Quelle: BFH-Urteil
Autor: Michael Scharwies
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