Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Haben Arbeitgeber eine Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung? Eine oft gestellte Frage, schließlich wäre das mit viel Aufwand verbunden.
Ausgangslage zur Arbeitszeiterfassung
Derzeit bestehen bereits folgende Regelungen, die eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung mitbringen:
- 17 Absatz 1 MiLoG regelt, dass Arbeitgeber für alle geringfügig Beschäftigten Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeit zu erfassen haben.
- 17 Absatz 1 MiLoG regelt weiter, dass Arbeitgeber, die in den 11 Branchen des § 2a SchwarzArbG tätig sind, die Arbeitszeiten aller Mitarbeiter zu erfassen haben.
- 19 Absatz 1 AEntG regelt, dass alle Arbeitgeber, die von allgemeinverbindlich erklärten Mindestlohntarifverträgen erfasst werden, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter erfassen müssen.
- 19 Absatz 1 AEntG regelt weiter, dass alle Arbeitgeber, die sich von einem Verleiher Arbeitnehmer leihen, die Arbeitszeiten ihrer Leiharbeitnehmer erfassen müssen.
- 17c AÜG regelt darüber hinaus eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für die Verleihunternehmen.
- 16 Absatz 2 ArbZG regelt, dass Arbeitgeber die Überstunden und Mehrarbeit ihrer Mitarbeiter aufzeichnen müssen.
- In der Geringfügigkeitsrichtlinie vom 16.08.2022 vertritt die Sozialversicherung im Abschnitt F die Auffassung, dass Arbeitgeber für ihre geringfügig Beschäftigten grundsätzlich auch die tatsächliche Arbeitszeit dokumentieren müssen.
Zwischenfazit
Bereits diese Regelungen machen deutlich, dass schon jetzt in vielen Bereichen die Arbeitgeber eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung haben. Allerdings – wenn diese Tatbestände nicht zutreffen – dann besteht (eigentlich) auch keine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.
Was sagt jedoch die Rechtsprechung dazu?
Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung
Rechtsprechung des EUGH
⚠️Arbeitgeber in der EU müssen die Arbeitszeiten all ihrer Mitarbeiter erfassen.
⚠️Insofern werden die Mitgliedsstaaten dafür entsprechende Gesetze schaffen müssen.
⚠️Nur so können Verstöße gegen die EU-Arbeitszeitrichtlinie verhindert werden.
Das wurde bereits beim BMAS bereits in 2020 aufgegriffen. Ob, wann und inwieweit dieses Projekt des BMAS auch Eingang in die Gesetzgebung findet, lässt sich derzeit nicht sicher abschätzen. Zumindest hat der EUGH Druck aufgebaut, den nunmehr das BAG auch noch verstärkt.
Rechtsprechung des BAG
Das BAG hat in seinem Beschluss vom 13.09.2022 festgestellt, dass
- Arbeitgeber zur Arbeitszeitaufzeichnung verpflichtet sind ⚠️ und
- dass einem Betriebsrat hinsichtlich der Einführung eines solchen Systems kein Initiativrecht zukommt.
Insofern hat das BAG ausdrücklich die obige Rechtsprechung des EUGH aufgegriffen und augenscheinlich die Geduld mit unserem Gesetzgeber verloren. Da dieses vom EUGH angeregte Arbeitszeiterfassungsgesetz bisher noch nicht gekommen ist, macht jetzt das BAG Druck per Beschluss.
Folgen für die Praxis
Zunächst ist diese arbeitsrechtliche Entscheidung auch arbeitsrechtlich einzuordnen. Wichtig wird sein, die konkrete Urteilsbegründung abzuwarten, da das BAG derzeit nur eine kurze Pressemitteilung vorgelegt hat. Aber diese Rechtsprechung gibt damit natürlich den Arbeitnehmern ein Mittel an die Hand, Überstunden auch bezahlt zu bekommen.
⚠️Immer, wenn ein Arbeitgeber seiner Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nicht nachkommt, dürfte das sicher ein Beweislastnachteil für ihn sein und damit letztlich ein Vorteil für die Arbeitnehmer, die Ihre Überstunden einklagen wollen.
Wie geht es weiter?
Das Gesetzesvorhaben zur Arbeitszeiterfassung ist bisher am Widerstand von CDU und FDP gescheitert. Das SPD-geführte BMAS wird jetzt sicher die Gesetzesbegründung des BAG abwarten und dann entsprechend einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen.
☞Arbeitgeber sollten schon jetzt mit dem Gedanken vertraut machen, dass sie eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung haben.
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Quellen:
Autor: Jörg Romanowski
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