Gebäude-AfA – kürzere tatsächliche Nutzungsdauer 

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Gebäude-AfA – kürzere tatsächliche Nutzungsdauer

Das BMF äußert sich!

Ausgangspunkt: BFH Urteil vom 28.07.2021 – IX R 25/19 (NV)

Der BFH äußerte sich unlängst zum Thema: Gebäude-AfA – kürzere tatsächliche Nutzungsdauer:

Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint; erforderlich ist insoweit, dass aufgrund der Darlegungen des Steuerpflichtigen der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, mit hinreichender Sicherheit geschätzt werden kann.
Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer.

Tipp/Hinweis

In der Urteilsbegründung stellt der BFH klar, dass die Finanzverwaltung der Schätzung des Steuerpflichtigen bezüglich der Nutzungsdauer zu folgen hat, solange diese nicht „eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzrahmens“ liegt. Dies bedeutet jetzt nicht, dass ins Blaue rein getroffene Annahmen genügen. Auch weiterhin wird man i.d.R. einen Sachverständigen benötigen. Allerdings darf die Finanzverwaltung keine überzogenen Anforderungen an die anzustellenden Berechnungen stellen.

BMF-Schreiben zu Gebäude-AfA

Jetzt äußert sich das BMF!
Mit BMF-Schreiben vom 22.02.2023 (IV C 3 – S 2196/22/10006 :005) hat das BMF sich zu dem für die Steuerpflichtigen günstigen Urteil geäußert und die Aussagen des BFH wie folgt „interpretiert“:

Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer

Zum Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist außerhalb von Sonderfällen wie Hallen in Leichtbauweise, Scheinbestandteilen oder Mietereinbauten nach BMF-Meinung ein Sachverständigen-Gutachten notwendig. An dieses Gutachten stellt die Finanzverwaltung deutlich höhere Anforderungen als dies aus dem BFH-Urteil zu entnehmen war.

Nachweis durch zertifizierte Gutachter

Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG ist durch Vorlage eines Gutachtens zu erbringen. Hier bedarf es eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen. Diese müssen von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sein.

Nachweis des Gebäudezustandes

Im Rahmen des Nachweises ist der Zustand des Gebäudes in seinen die Nutzungsdauer bestimmenden Elementen (Tragstruktur des Bauwerks) darzustellen. Hierbei  ist begründet darzulegen, weshalb am Ende der geltend gemachten (kürzeren) Nutzungsdauer voraussichtlich keine wirtschaftlich sinnvolle (anderweitige) Nachfolgenutzung mehr möglich ist und kein Restwert mehr vorhanden ist.

Bausubstanzgutachten?

Ein Bausubstanzgutachten im Sinne des sog. ERAB-Verfahrens (Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen) ist nicht zwingend erforderlich. Es kann aber hilfreiche Anhaltspunkte zur Beurteilung des Einzelfalls enthalten – so schreibt das BMF.

Reicht ein Verkehrswertgutachten?

Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG geeignet. Auch der alleinige Verweis auf die Modellansätze für die Gesamtnutzungsdauer in Verbindung mit dem Modell zur Ermittlung der Restnutzungsdauer bei Modernisierungen nach der Anlage 1 und 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung1 ist nicht ausreichend.

Der Gutachtenzweck muss sich ausdrücklich auf den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer richten und zwingend die maßgeblichen Determinanten berücksichtigen.

Hierbei ist auch eine mögliche Nachfolgenutzung des Gebäudes und deren Auswirkung auf die Nutzungsdauer einzubeziehen. Die Restnutzungsdauer und die Gesamtnutzungsdauer nach der ImmoWertV entsprechen nicht der tatsächlichen Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes. Hierbei handelt es sich lediglich um Modellansätze, die nur im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung zu sachgerechten Ergebnissen führen. Eine isolierte Verwendung der Modelle bzw. Modellansätze der ImmoWertV bzw. der Anlagen zur ImmoWertV für Zwecke des Nachweises einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG ist nicht sachgerecht.

Unser Hinweis/Tipp dazu

Es sieht auf den ersten Blick so aus, dass das BMF-Schreiben vom 23.02.2023 für den Steuerpflichtigen die Rechtssicherheit bietet. Und dass das BMF die Grundsätze des BFH übernimmt sowie den Ansatz der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer in der Praxis leichter erreichbar macht.

☞Allein der Schein trügt leider.

☞Im Ergebnis fordert das BMF ein aufwendiges Gutachten und lässt sich mit „einfachen“ Nachweisen nicht zufrieden stellen.

☞Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Anwendung der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer gutachterlich teuer erkauft werden muss.

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Quellen:

BFH-Urteil vom 28.07.2021

BMF-Schreiben vom 22.02.2023

Autor: Michael Scharwies
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