Steuerliche Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft
Kürzlich hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 23.03.2023 (IV R 8/20 – IV R 7/17) erneut Stellung zur steuerlichen Behandlung von (teilweise) wertlosen Ausgleichsansprüchen einer atypisch stillen Gesellschaft genommen. Diese bilanzierte in einem Sonderbetriebsvermögen gegenüber dem Geschäftsinhaber.
Aussagen des BFH
Der BFH stellt klar, dass solche wertlosen Forderungen erst bei Beendigung der Mitunternehmerstellung des atypisch stillen Gesellschafters relevant werden. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung, der auch für Innengesellschaften wie die atypisch stille Gesellschaft gilt.
Vorausgehende Rechtsprechung
Der BFH bezieht sich in seiner Entscheidung auf maßgebliche Urteile vom 21.12.2017 (IV R 44/14) und vom 16.03.2017 (IV R 1/15). Diese Urteile bieten einen guten Überblick über die Besonderheiten bei der atypisch stillen Gesellschaft und behandeln sie für steuerliche Zwecke ähnlich wie eine im Innenverhältnis bestehende (fiktive) Kommanditgesellschaft.
☞Es ist wichtig zu beachten, dass das Imparitätsprinzip in diesem Fall nicht anwendbar ist, da es sich steuerlich um (funktionales) Eigenkapital und nicht um Fremdkapital handelt.
Ein wichtiger Aspekt im genannten Fall war die Frage nach dem Zeitpunkt der Betriebsaufgabe. Der BFH kritisierte die Sichtweise der Vorinstanz, dass eine explizite Erklärung zur Betriebsaufgabe erforderlich sei.
☞Tatsächlich beginnt die Betriebsaufgabe mit der ersten Handlung, die auf die Auflösung des Betriebs abzielt, wie z.B. die Einstellung der produktiven Tätigkeit oder die Veräußerung von für den Betrieb unerlässlichen Wirtschaftsgütern. In einem solchen Fall ist keine separate Aufgabeerklärung erforderlich.
☞Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass dies nicht für Betriebsunterbrechungen und die vollständige Betriebsverpachtung gilt.
☞In diesen Fällen ist eine Anzeige der Betriebsaufgabe gegenüber dem Finanzamt erforderlich, sofern dem Finanzamt keine Tatsachen zur Betriebsaufgabe bekannt sind (vgl. § 16 Abs. 3b EStG sowie das BMF-Schreiben vom 22.11.2016).
Ergebnis: Rückverweisung an das FG
Da die Vorinstanz die Höhe der Forderungsverluste nicht ermittelt hatte, konnte der BFH in der vorliegenden Angelegenheit keine endgültige Entscheidung treffen. Das FG wurde angewiesen, dies im zweiten Rechtsgang zu klären und zu entscheiden. Darüber hinaus wurde das FG dafür kritisiert, dass es den Geschäftsinhaber nicht zur Verhandlung hinzugezogen hatte.
Zusammenfassung zur steuerlichen Behandlung einer atypisch stillen Gesellschaft
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei mehreren Mitunternehmerschaften mit einem homogenen Gesellschafterkreis das Imparitätsprinzip in Bezug auf Forderungen und Verbindlichkeiten untereinander nicht anwendbar ist. Stattdessen ist eine korrespondierende Bilanzierung erforderlich. Dies gilt auch für die atypisch stille Gesellschaft in Bezug auf deren Beteiligung am Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers.
Erst die Beendigung der Mitunternehmerstellung kann zu einer Realisation beim atypisch stillen Gesellschafter führen. Zu diesem Zeitpunkt erzielt der Geschäftsinhaber einen entsprechenden Gewinn aus dem Wegfall oder der Teilwertabschreibung der Darlehensforderung. Dieser Gewinn ist in der Regel nicht als Sanierungsertrag begünstigt (vgl. § 3b Abs. 1 S. 2 EStG).
Die korrespondierende Bilanzierung endet auch bei der Veräußerung der stillen Beteiligung, wenn der Erwerber des Mitunternehmeranteils auch die Gesellschafter-Darlehensforderung erwirbt. In der Sonderbilanz des Neugesellschafters ist die Forderung mit den Anschaffungskosten zu aktivieren. Die Darlehensverbindlichkeit hingegen ist in der Gesamthandsbilanz in unveränderter Höhe auszuweisen (vgl. BFH-Urteil vom 16.03.2017 – IV R 1/15).
Bei der typisch stillen Gesellschaft gelten hingegen die Grundsätze für Forderungsverluste, da der stille Gesellschafter hier nicht als Mitunternehmer anzusehen ist. Wenn der Darlehensgeber selbst Gesellschafter des Geschäftsinhabers (GmbH) ist, gelten weitere Besonderheiten.
Reaktion des BMF
Bitte beachten Sie, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein neues Schreiben vom 11.04.2023 zur Abgrenzung von stillen Beteiligungen, partiarischen Darlehen und Genussrechtskapital herausgegeben hat. Hier finden Sie weitere Informationen zu diesem Thema.
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Quellen: BFH-Urteil
und BMF-Schreiben
Autor: Jürgen R. Schott
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