Fitnessstudios und Lockdown – Auswirkungen in der USt
Wichtige Information zu Umsatzsteuerlichen Auswirkungen bei Leistungsstörung: Fitnessstudios und Corona-Lockdown
Anhängige Verfahren beim BFH
Derzeit sind vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zwei Verfahren zu den Auswirkungen in der Umsatzsteuer (UST) von Zahlungen ohne tatsächliche Leistung bei Fitnessstudios anhängig. Im Folgenden fassen wir die gegensätzlichen Argumentationen des Finanzgerichts Hamburg (FG Hamburg) und des Finanzgerichts Schleswig-Holstein (FG Schleswig-Holstein) für Sie zusammen.
BFH-Verfahren XI R 5/23 / Vorinstanz – FG Hamburg: Zahlung ohne Leistung nicht steuerbar
☞Das FG Hamburg hat mit seinem Urteil vom 16. Februar 2023 (6 K 239/21) entschieden, dass eine Zahlung des Mitgliedsbeitrags ohne tatsächliche Leistung seitens des Fitnessstudios nicht umsatzsteuerpflichtig ist.
Das Gericht argumentiert, dass weder die Fortzahlung der Beiträge noch die angebotenen Ersatzleistungen einen Leistungsaustausch begründen. Sofern zum Zeitpunkt der Zahlung die Schließung des Studios noch nicht absehbar war, handelt es sich jedoch um eine Anzahlung.
Aus Sicht des FG Hamburgs lässt allein die Geldzahlung nicht auf eine erbrachte Leistung schließen. Nach unionsrechtlichen Maßstäben rechtfertigt die bloße Zahlung von Geld nicht den Annahme eines Leistungsaustauschs. Die Zahlungen wurden laut FG Hamburg nicht für einen verbrauchbaren Vorteil geleistet, sondern aus anderen Gründen wie Solidarität oder Mitleid.
☞Da die rechtliche Unmöglichkeit einer Leistung vorliegt, besteht keine innere Verknüpfung zwischen den Mitgliedsbeiträgen und einer erbrachten Leistung, vergleichbar mit freiwillig gegebenen Trinkgeldern.
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision beim BFH eingelegt, und das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen XI R 5/23 anhängig.
BFH-Verfahren XI R 36/22 / Vorinstanz – FG Schleswig-Holstein: Besteuerung wie Trinkgelder
☞Das FG Schleswig-Holstein hat hingegen mit seinem Urteil vom 16. November 2022 (4 K 41/22) entschieden, dass freiwillig gezahlte Mitgliedsbeiträge eines Fitnessstudios umsatzsteuerpflichtig sind, sofern diese im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dauerschuldverhältnis stehen.
Aus Sicht des FG Schleswig-Holstein war dies in dem vorliegenden Fall gegeben, da anstelle der nicht erbrachten Leistungen (Training vor Ort) alternative Angebote wie Onlinetraining, Trainingspläne und Trainingsbesprechungen gemacht wurden. Ob diese Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden oder nicht, spielt laut Gericht keine Rolle (vgl. Rz. 58 des Urteils).
☞Das FG Schleswig-Holstein betrachtete die zusätzlichen Zahlungen im Wesentlichen als umsatzsteuerpflichtige Trinkgelder. Es handelte sich aus Sicht des Gerichts weder um echte Zuschüsse noch um Fehlzahlungen, die nicht steuerbar wären.
Gegen die Entscheidung des FG Schleswig-Holstein wurde ebenfalls Revision beim BFH eingelegt, und das Verfahren trägt das Aktenzeichen XI R 36/22.
Praxistipp
☞Es wird empfohlen, entsprechende Fälle bis zur abschließenden Klärung durch den BFH offen zu halten, insbesondere wenn die Umsatzsteuerfestsetzung nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.
Wir werden Sie über die Entwicklungen in diesen Verfahren auf dem Laufenden halten.
Weiterführende Unterstützung
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Quellen:
FG-Hamburg
FG Schleswig Holstein
Autor: Jürgen R. Schott
Vita und Seminare
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