Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer
⚠️Achtung: Der Ermessensspielraum des Finanzamts bei Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer ist begrenzt!
BFH-Rechtsprechung Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer
In einem aktuellen Urteil vom 23.02.2023 (V R 30/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass das Finanzamt nur einen sehr begrenzten Ermessensspielraum hat, wenn es um den Antrag auf Erlass von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer nach § 233a AO aufgrund von Billigkeitsgründen nach § 227 AO geht.
Was sagt der BFH?
☞Die Besonderheit bei der Umsatzsteuer liegt darin, dass für den Erlass von Nachforderungszinsen auf einzelne Voranmeldungszeiträume abgestellt wird, anstatt auf einen gesamten Jahreszeitraum.
☞Außerdem ist bei der Umsatzsteuer keine “Gewinnverlagerung” möglich, sodass eine Verschiebung der Umsätze unterjährig aufkommensneutral ist.
☞Bei der Entscheidung über den Zinserlass sind daher Liquiditätsvorteile außer Betracht zu lassen, die lediglich durch eine verspätete Anmeldung bereits im Vormonat ausgeführter Umsätze im jeweiligen Folgemonat entstanden sind.
☞Ein konkretes Beispiel wäre, wenn Umsätze aufgrund von Informationsdefiziten erst im Folgemonat angemeldet und abgeführt wurden, obwohl sie eigentlich bereits im Voranmeldungszeitraum hätten gemeldet werden müssen.
Entscheidung des BFH
Im vorliegenden Fall hatte das Finanzamt den Antrag auf Billigkeitserlass abgelehnt, doch das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt⚠️.
Die Revision des Finanzamts wurde schließlich vom BFH als unbegründet zurückgewiesen⚠️.
Hinweis zur Steuerberechnung:
Die Systematik bei der Verzinsung von Steuerbeträgen führt, insbesondere bei Dauersachverhalten, zu ungerechtfertigten Zinsforderungen seitens des Finanzamts, wenn Umsätze lediglich um einen Monat in das Vorjahr verschoben werden. Dies ermöglicht dem Finanzamt, über mehrere Jahre hinweg Zinsen auf einen monatlichen Differenzbetrag zu berechnen, obwohl der Liquiditätsvorteil jeweils nur für einen Monat bestand.
☞Es ist jedoch zu beachten, dass aufgrund einer Gesetzesänderung der steuerliche Zinssatz in § 233a AO von 6 Prozent p.a. auf 1,8 Prozent p.a. abgesenkt wurde, was den Effekt der Verzinsung verringert hat.
Handlungsempfehlung:
☞Durch das neue Urteil des BFH eröffnet sich die Möglichkeit, in vergleichbaren Fällen einen Antrag auf Erlass von Nachforderungszinsen aufgrund von Billigkeitsgründen zu stellen.
☞Es empfiehlt sich daher, bereits im Rahmen einer Betriebsprüfung auf diese Möglichkeit hinzuweisen, um Zinsbescheide frühzeitig zu vermeiden.
☞Dies gilt sowohl für zukünftige Abwehrberatungen als auch für bereits bestandskräftige Zinsfestsetzungen. Denn auch bereits gezahlte Beträge können möglicherweise erstattet oder angerechnet werden (vgl. § 227 2. HS AO). Grundsätzlich sind Billigkeitsmaßnahmen sogar für bereits verjährte Ansprüche möglich.
☞Es ist jedoch zu bedenken, dass ein entsprechender Antrag zeitaufwendig sein kann und daher nur in Fällen mit erheblichen Auswirkungen gestellt werden sollte. Mandanten sollten in diesem Zusammenhang rechtzeitig über die möglichen Vorteile und die damit verbundenen Kosten informiert werden.
Weiterführende Unterstützung
Alle wichtigen steuerrechtlichen Änderungen werden wir stets in der Seminarreihe “Aktuelles Steuerrecht” darstellen. Darüber hinaus werden wir auf dieses Thema auch im Seminar “Umsatzsteuer II” eingehen.
Für weitere Informationen und eine rechtliche Beratung zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.
Buchen Sie hier Ihr passendes Seminar!
Quellen:
Autor: Jürgen R. Schott
Vita und Seminare
Bleiben Sie up-to-date mit unseren Angebotenen. Abonnieren Sie den Nautilus – Newsletter.
NEWSLETTERANMELDUNG