Dienstwagennutzung eines Gesellschafter-Geschäftsführers

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Anscheinsbeweis bei Dienstwagennutzung eines Gesellschafter-Geschäftsführers

In der Praxis werden sich viele Gesellschafter-Geschäftsführer mit der Frage konfrontiert sehen, ob auch eine Versteuerung für die private Dienstwagennutzung erfolgen muss – wann spricht der Anscheinsbeweis dafür?

Ausgangspunkt: ständige Rechtsprechung zur Privatnutzung

☞Der Bundesfinanzhof (BFH) entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden.

☞Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins.

☞Soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, kann das Finanzgericht aufgrund der Anscheinsbeweisregel regelmäßig davon ausgehen, dass eine private Nutzung stattgefunden hat. (BFH-Urteil vom 19.05.2009, VIII R 60/06, BFH/NV 2009, S. 1974)

Der Anscheinsbeweis

Der Anscheinsbeweis streitet lediglich dafür, dass ein vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassener Dienstwagen auch tatsächlich privat genutzt wird.
Der Anscheinsbeweis streitet indes weder dafür,

  1. dass dem Arbeitnehmer überhaupt ein Dienstwagen aus dem vom Arbeitgeber vorgehaltenen Fuhrpark privat zur Verfügung steht,
  2. noch dafür, dass er einen solchen auch privat nutzen darf ⚠️.

Nutzungsverbote

Es lässt sich insbesondere kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts feststellen, dass Arbeitnehmer Verbote missachten und damit einen Kündigungsgrund schaffen oder sich – unter Umständen – gar einer Strafverfolgung aussetzen.

Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber ein arbeitsvertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot nicht überwacht.
Die ständige Rechtsprechung des für Lohnsteuerfragen zuständigen VI. Senats des BFH, verneint mit dieser Begründungslinie eine zu Arbeitslohn führende Privatnutzung eines Fahrzeugs, wenn diese durch ein vertragliches Nutzungsverbot untersagt ist (z.B. BFH-Urteile vom 21.04.2010, VI R 46/08, BStBl. II 2010, S. 848; vom 21.03.2013, VI R 46/11, BStBl. II 2013, S. 1044 und VI R 42/12, BStBl. II 2013, S. 918; vom 18.04.2013, VI R 23/12, BStBl. II 2013, S. 920 und vom 14.11.2013, VI R 25/13, BFH/NV 2014, S. 678).

Aktuelle Entscheidung zum Anscheinsbeweis bei der privaten Dienstwagennutzung

Dieser ständigen Rechtsprechung ist das Finanzgericht Münster in einem aktuellen Urteil vom 28.04.2023, 10 K 1193/20 K, G, F, nicht gefolgt.

⚠️Das Finanzgericht Münster wendet den Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des Dienstwagens eines GmbH-Alleingesellschafter-Geschäftsführers an. Daraus folgend führt das zu einer verdeckten Gewinnausschüttung und folgt ist insoweit der Rechtsprechung des für die Körperschaftsteuer zuständigen I. Senats des BFH (z.B. BFH-Urteil vom 23.01.2008, I R 8/06, BStBl. II 2012, S. 260 und vom 17.07.2008, I R 83/07, BFH/NV 2009, S. 417).

Revision ist anhängig

Spannend bleibt nunmehr wie der I. Senat am BFH über das unter dem Aktenzeichen I R 33/23 anhängige Revisionsverfahren entscheiden wird.

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Quelle: FG-Urteil