Privatunterricht steuerfrei?

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Privatunterricht steuerfrei?

Diese Frage stellt sich immer wieder: ist Privatunterricht steuerfrei?

Ausgangspunkt

Die Europäische Kommission hat Deutschland offiziell aufgefordert, die Befreiung von Privatunterricht von der Umsatzsteuer gemäß EU-Richtlinien korrekt anzuwenden⚠️.

☞Laut diesen Richtlinien müssen EU-Mitgliedstaaten Schul- und Hochschulunterricht, der von privaten Lehrern angeboten wird, von der Umsatzsteuer befreien, um Bildung zugänglicher zu machen.

Deutschland verlangt jedoch von Privatlehrern eine spezielle Bescheinigung für die Steuerbefreiung, was laut EU-Kommission nicht den EU-Vorgaben entspricht.

Rechtsfragen

Diese Situation hat zu einer umfangreichen Rechtsprechung geführt. Insbesondere zur Frage, ob die Steuerbefreiung direkt in Anspruch genommen werden kann, da die entsprechenden EU-Vorschriften nicht vollständig in das deutsche Umsatzsteuerrecht übernommen wurden.

Was gilt bereits – was ist noch ungeklärt?

Einige spezifische Bildungsleistungen, wie Supervisionsleistungen, sind von der Umsatzsteuer befreit, während andere, wie Fahrschul- und Schwimmunterricht, steuerpflichtig sind.

Die Rechtslage bei professionellen Tanzkursen und Reitkursen ist derzeit unklar. Anhängige Verfahren, sollen klären, ob diese Leistungen steuerbefreit sein können. Bildungsleistungen, die ausschließlich von privaten Einrichtungen erbracht werden, befinden sich ebenfalls in einer rechtlichen Grauzone, mit laufenden Verfahren, die ihre Steuerpflichtigkeit klären sollen.

Überblick aktuelle Rechtsprechung:

☞Supervisionsleistungen = umsatzsteuerfrei! Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL zu von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht; vgl. BFH-Beschluss vom 22.06.2022 (XI R 32/21 – XI R 6/19)

☞Fahrschulunterricht = umsatzsteuerpflichtig! Der BFH hat sich mit Urteil vom 23.05.2019 (V R 7/19) der Auffassung des EuGH angeschlossen, dass der Fahrschulunterricht nicht unter den Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL fällt und auch nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei und damit umsatzsteuerpflichtig ist.

☞Fahrsicherheitstraining = steuerfrei, soweit zum Erwerb oder zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse (Zurückverweisung an Vorinstanz); vgl. BFH-Urteil vom 17.11.2022 (V R 33/21 – V R 26/18)

☞Ortskundeprüfungen eines gemeinnützigen Berufsverbandes für angehende Taxifahrer = umsatzsteuerfrei! vgl. BFH-Urteil vom 30.06.2022 (V R 32/21 – V R 31/17)

☞Schwimmunterricht = umsatzsteuerpflichtig! Der BFH hat den Schwimmunterricht gem. EuGH erwartungsgemäß mit Urteil vom 16.12.2021 (V R 31/21 bzw. V R 32/18) ebenfalls als eine nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i u. j. MwStSystRL umsatzsteuerbefreite Leistung beurteilt.!

☞Schwimmkurse für Kinder unter 3 Jahren = umsatzsteuerpflichtig! vgl. BFH-Urteil vom 15.03.2022 (V R 35/21 – V R 35/19)

☞Professionelle Tanzkurse = unklar! anhängige Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH (V B 30/22)

Hinweis: Das Niedersächsische FG hat die Steuerfreiheit für Erwachsenentanzkurse, die auf das “Welttanzprogramm” und auf “Medaillenkurse” vorbereiten, mit Urteil vom 10.03.2022 (11 K 119/17) abgelehnt. Die OFD Niedersachsen hatte diese Auffassung bereits in einer Verfügung vom 18.03.2015 vertreten.

☞Präventions- und Persönlichkeitstraining = umsatzsteuerpflichtig!    vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2021 (XI R 3/20)

☞Judounterricht = umsatzsteuerpflichtig!     vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2021 (XI R 31/21 – XI R 6/18)

☞Tennisunterricht = umsatzsteuerpflichtig!     vgl. BFH-Beschluss vom 29.03.2022 (XI B 72/21)

☞Reitkurse = unklar! anhängiges Verfahren beim BFH (XI R 9/22)

Hinweis: Das Schleswig-Holsteinisches FG hält den Reitunterricht für umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, sofern die Reitkurse den unmittelbaren Einstieg in den Turniersport ermöglichen (vgl. FG-Urteil vom 02.03.2022 – 4 K 114/17). Die Aufnahme von Jugendlichen und Kindern auf einem Reiterhof sowie deren Beherbergung und Verköstigung können nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei sein kann. BFH-Entscheidung = offen..

☞Ausschließlich von privaten Einrichtungen erbrachte Bildungsleistungen = unklar! Anhängiges Verfahren beim BFH (V R 34/21 – V R 15/19)

 

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Autor: Jürgen R. Schott
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