Korrektur eines fehlerhaften Steuerbescheides
Immer wieder kommt es zu interessanten Praxisfragen, wenn es um die Korrektur eines fehlerhaften Steuerbescheides geht.
Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ist unter dem Aktenzeichen VIII R 33/21 ein Revisionsverfahren anhängig, das eine wichtige Frage im Steuerrecht betrifft. Ist die Korrektur eines fehlerhaften Steuerbescheides nach § 129 Abgabenordnung (AO) ausgeschlossen, wenn die Fehlerhaftigkeit des Bescheids zwar erkennbar ist, eine Berichtigung jedoch der weiteren Sachverhaltsaufklärung oder Prüfung bedarf?
Hintergrund des Falls
Der Streitfall bezieht sich auf die Einbringung des Buchwerts einer physiotherapeutischen Praxis, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert war, in eine Kapitalgesellschaft. Dabei wurde das Kapitalkonto fälschlicherweise mit 0 Euro angegeben und entsprechend festgestellt. Diese Unstimmigkeit führte zur Frage, ob eine Korrektur des fehlerhaften Steuerbescheides nach § 129 AO möglich ist, wenn eine klare Ermittlung des Sachverhalts fehlt.
Vorinstanz
Die Vorinstanz, das Finanzgericht (FG) München, hatte die Änderung des Steuerbescheids sowohl nach § 129 AO als auch nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO abgelehnt. In seinem Urteil vom 20. April 2021 (Az. 6 K 1311/18) begründete das FG München seine Entscheidung wie folgt. Der Sachbearbeiter des Finanzamts hatte es versäumt, die Voraussetzungen für eine Buchwerteinbringung trotz offensichtlicher Anhaltspunkte zu prüfen. Darüber hinaus hatte der Sachbearbeiter nicht ermittelt, in welcher Höhe infolge des Einbringungsvorgangs ein Zugang beim steuerlichen Einlagekonto tatsächlich zu erfassen gewesen wäre. Der korrekte Wert des Einlagekontos ergab sich auch nicht aus den vorhandenen Akten des Finanzamts.
Rechtliche Bewertung
Das FG München stellte fest, dass die Voraussetzungen für eine Korrektur nach § 129 AO nicht gegeben waren, da der Fehler nicht lediglich ein mechanischer Fehler war. Der Fehler beruhte vielmehr auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung und möglicherweise fehlerhaften Rechtsanwendung. § 129 AO ermöglicht die Berichtigung von Schreib- und Rechenfehlern oder ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten, die bei Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind. Die Vorschrift setzt jedoch voraus, dass der Fehler ohne weitere Prüfung oder Sachverhaltsermittlung erkennbar und korrigierbar ist.
Im vorliegenden Fall war die Fehlerhaftigkeit des Bescheids zwar erkennbar, aber ihre Korrektur hätte eine vertiefte Prüfung und Sachverhaltsermittlung erfordert. Da der Sachbearbeiter des Finanzamts die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Buchwerteinbringung nicht ausreichend geprüft hatte, konnte das FG München eine Korrektur nach § 129 AO nicht zulassen. Auch eine Änderung nach § 173 AO, die bei nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen möglich ist, wurde abgelehnt. Die notwendigen Informationen waren nicht nachträglich bekannt geworden, sondern von Anfang an nicht ausreichend ermittelt worden.
Bedeutung des Verfahrens vor dem BFH
Das Verfahren vor dem BFH könnte weitreichende Konsequenzen für die Anwendung des § 129 AO haben. Sollte der BFH die Entscheidung des FG München bestätigen, würde dies bedeuten, dass Steuerbescheide in Fällen, in denen die Fehlerhaftigkeit zwar erkennbar ist, aber eine Korrektur der weiteren Prüfung bedarf, nicht nach § 129 AO geändert werden können. Dies würde die Anwendung dieser Korrekturvorschrift erheblich einschränken.
Das Urteil des BFH wird mit Spannung erwartet, da es Klarheit darüber schaffen könnte, in welchen Fällen eine Korrektur nach § 129 AO zulässig ist und wann die Grenzen dieser Vorschrift erreicht sind. Insbesondere für Steuerberater und Steuerpflichtige, die in komplexen Fällen mit unklaren Sachverhalten konfrontiert sind, wird das Urteil von großer Bedeutung sein.
Fazit zur Korrektur eines fehlerhaften Steuerbescheides
Der Fall zeigt einmal mehr die Bedeutung einer sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung und Rechtsanwendung bei der Erstellung von Steuerbescheiden. Fehler, die auf einer unzureichenden Prüfung oder Sachverhaltsaufklärung beruhen, können nicht immer einfach nach § 129 AO korrigiert werden. Das Verfahren vor dem BFH wird hoffentlich weitere Klarheit darüber schaffen, wie in solchen Fällen verfahren werden soll. Bis dahin bleibt abzuwarten, wie der BFH die Voraussetzungen für eine Korrektur nach § 129 AO interpretieren wird.
Weiterführende Unterstützung
Alle wichtigen steuerrechtlichen Änderungen werden wir stets in der Seminarreihe “Aktuelles Steuerrecht” darstellen. Für weitere Informationen und eine rechtliche Beratung zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Experten gerne zur Verfügung.
Buchen Sie hier Ihr passendes Seminar!
Quelle: BFH
Autor: Jürgen R. Schott
Vita und Seminare
Bleiben Sie up-to-date mit unseren Angebotenen. Abonnieren Sie den Nautilus – Newsletter.
NEWSLETTERANMELDUNG