Steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen: Vertrauensschutzregelung im Fokus des BFH
Die steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen ist oft streitbefangen – wie ein aktueller Fall zeigt.
Mit Urteil vom 20. Februar 2024 (IX R 12/23) hat der Bundesfinanzhof eine entscheidende Klarstellung zur steuerlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen und zur Anwendung der Vertrauensschutzregelung getroffen. Der BFH widerspricht damit der Vorinstanz, die ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen angenommen hatte.
Hintergrund: Vertrauensschutzregelung und Fortgeltungsanordnung
Die Vertrauensschutzregelung des BFH bezieht sich auf Verluste aus Gesellschafterdarlehen, die vor der Veröffentlichung des grundlegenden Urteils des BFH vom 11. Juli 2017 (IX R 36/15) am 27. September 2017 entstanden sind. Danach können Forderungsverluste, die nach dem 27. September 2017 eintreten, nach § 20 Abs. 2 EStG geltend gemacht werden. Für Verluste, die vor diesem Datum entstanden sind, gilt jedoch weiterhin die alte Rechtslage zum Eigenkapitalersatz.
In dem vorliegenden Fall hatte das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 19. Januar 2023 (Az. 14 K 1638/20 E) angenommen, dass der Steuerpflichtige ein Wahlrecht habe, ob er die neue oder die alte Rechtslage anwenden wolle.
☞Der BFH hat diese Auffassung jedoch abgelehnt und klargestellt, dass ein solches Wahlrecht nicht existiert.
Der konkrete Fall: Einbringung einer physiotherapeutischen Praxis
Im Streitfall ging es um die Einbringung einer physiotherapeutischen Praxis in eine Kapitalgesellschaft. Hierbei wurde das Kapitalkonto mit 0 Euro erklärt. Der Steuerpflichtige konnte seinen Forderungsverlust aus dem Jahr 2016 nicht nach § 20 Abs. 2 EStG geltend machen. Warum? Weil das maßgebliche Urteil des BFH vom 11. Juli 2017 erst am 27. September 2017 veröffentlicht wurde.
Der BFH konnte in der Sache nicht abschließend entscheiden und verwies den Fall zur weiteren Klärung an das FG zurück. Das FG muss nun ermitteln, wann die Krise der GmbH eingetreten ist. Dann muss bestimmt werden, ob die Darlehen als krisenbedingte oder krisenbestimmte Darlehen zu behandeln sind.
Wichtige Aspekte der BFH-Entscheidung
Der BFH hat in seinem Urteil betont, dass es darauf ankommt, ob die Krise der Gesellschaft vor oder nach der Darlehensgewährung eingetreten ist:
- Krise vor Darlehensgewährung: Wenn die Krise vor der Gewährung der Darlehen eingetreten ist, sind diese als krisenbedingte Darlehen mit ihrem Nennbetrag als nachträgliche Anschaffungskosten bei den Einkünften nach § 17 EStG zu berücksichtigen.
- Krise nach Darlehensgewährung: Sollte die Krise erst nach der Darlehensgewährung eingetreten sein, muss das FG ermitteln, ob die Darlehen für die Krise bestimmt waren und somit als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt werden können.
- Kein Zusammenhang mit der Krise: Wenn weder eine Krise vor der Darlehensgewährung vorlag noch die Darlehen krisenbestimmt waren, muss der Wert der Rückzahlungsansprüche ermittelt werden. So kann der Ausfall als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG berücksichtigt werden.
Fazit zur steuerlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen
Das Urteil des BFH hat weitreichende Konsequenzen für die steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen:
- Verluste aus Darlehen und Bürgschaften nach dem 28. September 2017: Diese können nach § 20 Abs. 2 EStG berücksichtigt werden, sofern kein Antrag auf Verlustberücksichtigung nach § 17 Abs. 2a EStG gestellt wird.
- Verluste vor dem 27. September 2017: Für diese gilt weiterhin die alte Rechtslage zum Eigenkapitalersatz. Ein Antrag auf Verlustberücksichtigung nach § 17 Abs. 2a EStG ist möglich. Das sollte jedoch sorgfältig abgewogen werden, da er sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich bringen kann.
- Veräußerungen ab dem 1. August 2019: Hier gilt zwingend die neue gesetzliche Regelung für nachträgliche Anschaffungskosten von Darlehen und Bürgschaften in § 17 Abs. 2a EStG. Die genauen Regelungen und deren Zusammenspiel werden im BMF-Schreiben vom 7. Juni 2022 erläutert.
Steuerpflichtige sollten in Zweifelsfällen stets eine genaue Prüfung ihrer Situation vornehmen Sie sollten sich steuerlich beraten lassen, um die bestmögliche Vorgehensweise für die Berücksichtigung von Verlusten aus Gesellschafterdarlehen zu wählen.
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Quelle: BFH-Urteil
Autor: Jürgen R. Schott
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