Schützen GmbH oder GbR vor Scheinselbständigkeit?
Praxisfrage: Schützen GmbH oder GbR vor Scheinselbständigkeit? Konkret: wenn ein Auftraggeber eine Leistung mit einer Auftragnehmerin – in der Rechtsform GmbH oder GbR – vereinbart und abrechnet, schützt das dann vor Scheinselbständigkeit?
Auffassung der Verwaltung
Ist der Auftragnehmer eine Gesellschaft in Form einer juristischen Person (z. B. AG, SE, GmbH, UG [haftungsbeschränkt]), schließt dies ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Auftraggeber grundsätzlich aus.
Ist der Auftragnehmer eine rechtsfähige Personengesellschaft (z. B. OHG, KG, GmbH & Co. KG, Partnerschaftsgesellschaft, GbR), schließt dies ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Auftraggeber im Regelfall ebenfalls aus.
☞Dies gilt jedoch nicht, wenn im Einzelfall die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung mit entsprechender Weisungsgebundenheit gegenüber den Merkmalen einer selbständigen Tätigkeit überwiegen. Die gleiche Beurteilung gilt grundsätzlich auch, sofern es sich bei dem Auftragnehmer um eine Ein-Personen-Gesellschaft (z. B. Ein-Personen-GmbH bzw. Ein-Personen-Limited) handelt⚠️.
BSG zur Scheinselbständigkeit trotz Leistungserbringung einer GmbH
Sachverhalt
Folgenden Fall hatte das BSG am 20.07.2023 zu entscheiden:
Ein Krankenhaus benötigte eine pflegerische Fachkraft. K ist pflegerische Fachkraft und gründete eine UG (als 100% Gesellschafter Geschäftsführer). Das Krankenhaus beauftragte nun die K-UG und kaufte damit die Pflegeleistungen des K ein. Diese erbrachte K stets persönlich vor Ort im Krankenhaus. Die Abrechnung erfolgte über seine K-UG.
Entscheidung des BSG
- Mit Antritt der Beschäftigung als stationäre Pflegefachkraft im Krankenhaus der GmbH war faktisch die Organstellung als Geschäftsführer der UG beendet, da er sich vollständig dem Weisungsrecht der gesamtverantwortlichen Krankenhaus-GmbH unterordnete und sich in deren fremdbestimmten organisatorischen Rahmen und deren Betriebsabläufe eingliederte.
Hessisches LSG zur Scheinselbständigkeit trotz Leistungserbringung einer GbR
Sachverhalt
Folgenden Fall hatte das Hess LSG am 28.07.2022 zu entscheiden: Ein Internist betrieb mit anderen Ärzten eine zugelassene vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR. Mit einem Krankenhaus schloss diese GbR einen Kooperationsvertrag. Die DRV stellte fest, dass für den Arzt aufgrund seiner Tätigkeit für das Krankenhaus eine abhängige Beschäftigung besteht.
Entscheidung des Hess LSG
☞Im vorliegenden Fall war der Arzt in die Arbeitsorganisation des auftraggebenden Krankenhauses integriert und daher als dessen Arbeitnehmer zu werten.
☞Dagegen spricht nicht, dass der Kooperationsvertrag im Namen der Gemeinschaftspraxis GbR abgeschlossen wurde, ohne dass der betreffende Arzt konkret als Vertragspartner genannt wurde.
☞Es ist ebenfalls unerheblich, dass der Arzt für diese Tätigkeit nicht direkt vom Auftraggeber (Krankenhaus) entlohnt wurde, sondern die Abrechnung zwischen der Klinik und der Gemeinschaftspraxis erfolgte.
☞WICHTIG: hier ist eine Revision beim BSG unter dem Aktenzeichen B 12 BA 29/22 B anhängig.
Fazit
Allein eine Vertragsgestaltung und Abrechnung einer Leistung der Auftragnehmer über eine GmbH oder GbR schließt die Scheinselbständigkeit nicht aus⚠️.
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Quelle: Hess LSG
Autor: Jörg Romanowski
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