Vorteilseignung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) aufgrund ersparten Aufwands
In einem aktuellen Urteil vom 22.05.2024 (I R 2/21) hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) erneut mit der Vorteilseignung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) auseinandergesetzt.
Der Fall betraf eine GmbH, die durch die Muttergesellschaft zu einem Verhalten veranlasst wurde, das ihr eigene Aufwendungen ersparte. Doch wann führt eine solche Aufwandsersparnis zu einer vGA? Und wie ist die steuerliche Behandlung zu beurteilen?
Hintergrund des Urteils
Die Klägerin, eine deutsche GmbH, ist Teil eines Konzerns, dessen Muttergesellschaft (X) in den USA ansässig ist. Im Jahr 2007 wurde die GmbH aufgrund eines US-Wirtschaftsembargos gegen Venezuela durch die Muttergesellschaft angewiesen, Aufträge in Venezuela zu stornieren. Dies führte zu Schadensersatzforderungen seitens des venezolanischen Geschäftspartners Y, die teilweise in einem Schiedsverfahren bestätigt wurden. Während die GmbH die Verfahrenskosten selbst trug, übernahm die Muttergesellschaft die Anwaltskosten.
Das Finanzamt sah in der Übernahme der Verfahrenskosten und der Rückstellungsbildung für Schadensersatzforderungen eine vGA, da die Maßnahmen allein im Interesse der Muttergesellschaft erfolgt seien. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein verneinte jedoch eine vGA, da die GmbH aufgrund eigener rechtlicher Verpflichtungen gehandelt habe (Urteil vom 17.12.2020 – 1 K 16/19).
Entscheidung des BFH
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.
☞Er stellte klar, dass eine vGA nicht nur in Form einer unmittelbaren Vermögensminderung, sondern auch durch eine verhinderte Vermögensmehrung entstehen kann.
☞Letzteres sei der Fall, wenn ein Gesellschafter durch das Gesellschaftsverhältnis eigenen Aufwand erspart, etwa durch den Verzicht auf eine fremdübliche Gegenleistung.
Beispiel für eine Vorteilseignung einer verdeckten Gewinnausschüttung
Ein anschauliches Beispiel:
Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte bei einer Stornierung der Aufträge im Interesse des Gesellschafters zumindest eine finanzielle Kompensation oder die Übernahme des Schadensrisikos durch den Gesellschafter gefordert. Der BFH stellte fest, dass in diesem Fall eine Aufwandsersparnis vorliegt, wenn die GmbH auf eine solche Kompensation verzichtet und somit eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Muttergesellschaft vorliegt.
Fazit und Praxisrelevanz
Das Urteil zeigt die Bedeutung der genauen Prüfung der Vorteilseignung bei der Frage nach einer vGA. Besonders in Fällen, in denen eine Gesellschaft auf Veranlassung eines beherrschenden Gesellschafters agiert, ist sorgfältig zu analysieren, ob dadurch eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung im Sinne einer vGA vorliegt. Im vorliegenden Fall war entscheidend, ob die GmbH aufgrund einer Weisung der Muttergesellschaft gehandelt hat und ob sie dadurch auf eine fremdübliche Kompensation verzichtet hat.
Praxisempfehlung
Unternehmen sollten in vergleichbaren Situationen genau dokumentieren, ob und inwiefern Entscheidungen im Interesse des Gesellschafters getroffen werden und ob dafür angemessene Gegenleistungen vereinbart wurden. Nur so kann verhindert werden, dass das Finanzamt eine vGA aufgrund von erspartem Aufwand unterstellt.
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Quellen: BFH-Urteil
Autor: NAUTILUS-Akademie
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