Erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes

Silvestergefahr – Keine erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im Erhebungszeitraum

Die Frage, ob die sogenannte erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im Erhebungszeitraum nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewährt werden kann, sorgt immer wieder für Streitigkeiten.

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil v. 17.10.2024 – III R 1/23, veröffentlicht am 23.1.2025) verdeutlicht:

⚠️Wird der gesamte Grundbesitz einer Kapitalgesellschaft vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert, bleibt die erweiterte Kürzung verwehrt.

Hintergrund zur erweiterten Kürzung

Die erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bietet Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, eine Möglichkeit zur Steuerentlastung. Während bei der einfachen Kürzung nach Satz 1 lediglich 1,2 % des Einheitswerts abgezogen werden, wird bei der erweiterten Kürzung der Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, von der Gewerbesteuer freigestellt.

Wichtigste Voraussetzung: Das Unternehmen muss während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen. Eine zeitanteilige Gewährung der erweiterten Kürzung sieht das Gesetz nicht vor.

Der Fall: Veräußerung des einzigen Grundstücks

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand unter anderem der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Grundbesitz war, ihr einziges Grundstück am 31.12.2016 veräußert. Besitz, Nutzen und Lasten gingen jedoch bereits „zu Beginn des 31.12.2016“ auf die Erwerberin über. In ihrer Gewerbesteuererklärung machte die Klägerin dennoch die erweiterte Kürzung geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, gewährte aber die einfache Kürzung.

Während das Finanzgericht Münster (FG Münster, Urteil v. 27.10.2022 – 10 K 3572/18 G) der GmbH noch Recht gab, hob der BFH dieses Urteil auf und entschied zugunsten der Finanzverwaltung.

Die Entscheidung des BFH

Die erweiterte Kürzung wurde versagt, weil die GmbH im Streitjahr 2016 nicht während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich grundstücksverwaltend tätig war. Der BFH stellte klar:

  1. Keine zeitanteilige Kürzung: Das Erfordernis der Ausschließlichkeit bezieht sich auf den gesamten Erhebungszeitraum. Bereits eine nicht begünstigte Tätigkeit an einem einzigen Tag führt dazu, dass die erweiterte Kürzung für das gesamte Jahr entfällt.
  2. Veräußerung vor Ablauf des Erhebungszeitraums: Da das Grundstück bereits am 31.12.2016 „zu Beginn des Tages“ auf die Erwerberin überging, übte die Klägerin an diesem Tag keine grundstücksverwaltende Tätigkeit mehr aus.
  3. Keine technische Ausnahme: Eine Ausnahme, wie sie bei Veräußerungen „zum 31.12., 23:59 Uhr“ angenommen wird, lag nicht vor.
  4. Einfaches Kürzungsrecht: Die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG blieb unberührt, da der Einheitswert des Grundstücks für das Kalenderjahr 2016 maßgeblich war.

Fazit

Das Urteil unterstreicht die strengen Anforderungen an die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Unternehmen, die ihre Grundstücke veräußern, müssen genau prüfen, ob die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes tatsächlich während des gesamten Erhebungszeitraums vorliegt. Andernfalls bleibt lediglich die Möglichkeit, die einfache Kürzung in Anspruch zu nehmen.

Das Urteil des BFH verdeutlicht, dass jede Abweichung von der reinen Grundstücksverwaltung im Verlauf des Jahres zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen kann. Steuerpflichtige, die von der erweiterten Kürzung profitieren möchten, sollten ihre Veräußerungspläne und deren zeitliche Umsetzung daher sorgfältig koordinieren.

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Quelle: BFH

Autor: NAUTILUS-Akademie

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