Zweifelsfragen zur Ertragsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen
Das FinMin Schleswig-Holstein beantwortet Zweifelsfragen zur Ertragsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen.
Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2024/12 vom 13. Februar 2025
Mit der Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2024/12 vom 13. Februar 2025 hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein (FinMin SH) wichtige Hinweise zur ertragsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EStG veröffentlicht. Die Mitteilung bringt Licht in zahlreiche bislang ungeklärte Detailfragen – insbesondere für Anlagenbetreiber, Steuerberater und Finanzämter.
- Gesamtbetrachtung der Photovoltaikanlage
Zentral ist die Aussage, dass eine Photovoltaikanlage insgesamt zu beurteilen ist. Eine Teilsteuerfreistellungeinzelner Komponenten oder Anlagenteile ist nicht zulässig.
Wichtig: Werden mehrere Anlagenteile auf verschiedenen Gebäuden betrieben, ist ein Ausgleich der jeweiligen kWp-Leistungen möglich – solange die Gesamthöchstgrenze (derzeit 100 kWp) nicht überschritten wird.
🔎 Beispiel:
- Einfamilienhaus: 20 kWp
- Stallgebäude: 30 kWp
- Maschinenhalle: 40 kWp
👉 Gesamt: 90 kWp → Steuerbefreiung greift.
- Freistehende Solarmodule – begrenzte Steuerfreiheit
Freistehende Solarmodule werden grundsätzlich nicht von der Steuerbefreiung erfasst. Eine Ausnahme lässt das FinMin SH jedoch zu:
➡️ Sie gelten als unschädlich, wenn sie nicht mehr als 10 % der Gesamtleistung einer ansonsten auf einem Gebäude installierten Anlage ausmachen.
- Liebhabereiprüfung – neue Maßstäbe
Ein deutlicher Bruch mit früheren Maßgaben:
Die Liebhabereiprüfung ist nun anhand der Herstellungskosten des Eigenverbrauchsstromsvorzunehmen – nicht mehr anhand der örtlichen Strompreise, wie noch in der Kurzinformation Nr. 2018/23 gefordert.
Berechnung:
Herstellungskosten / prognostizierte Gesamtstrommenge über 20 Jahre.
⚠️ Hinweis: Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Liebhabereiprüfung künftig nur noch für Altanlagenerforderlich – also vor Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG.
- Betriebsausgabenüberschüsse ab 2023 – Rechtslage ungeklärt
Für Verluste, die nach Anwendung der Steuerbefreiung (ab 2023) entstehen, ist die Rechtslage weiterhin offen. Das FinMin SH verweist auf das beim BFH anhängige Verfahren unter dem Az. III R 35/24.
➡️ Der BFH wird klären, ob § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG lediglich eine Befreiung von der Gewinnermittlungspflicht darstellt oder ein Gewinnermittlungsverbot enthält. Die Entscheidung hat maßgeblichen Einfluss auf die Frage, ob nachlaufende Betriebsausgaben bei bereits steuerbefreiten Anlagen weiterhin abziehbar sind.
📌 Praxisempfehlung: Verfahren können bis zur Entscheidung des BFH ruhend gestellt werden.
- Investitionsabzugsbetrag (IAB) – Rückgängigmachung zweifelhaft
Ein weiteres wichtiges Thema betrifft den Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g EStG:
➡️ Nach dem BFH-Beschluss vom 15.10.2024 (III B 24/24 – AdV) ist es ernstlich zweifelhaft, ob ein im Jahr 2021 in Abzug gebrachter IAB rückgängig zu machen ist, wenn im Jahr 2022 eine nunmehr nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfreie Photovoltaikanlage angeschafft wurde.
🔁 Auch hier empfiehlt es sich, die Ruhendstellung des Verfahrens zu prüfen.
- Mitunternehmerschaften – gewerbliche Infektion
Schließlich enthält das Schreiben auch Hinweise für Mitunternehmerschaften, die zuvor aufgrund des Betriebs von Photovoltaikanlagen als gewerblich infiziert galten.
Für diese Fälle stellt die Finanzverwaltung ein Muster-Anhörungsschreiben zur Verfügung – insbesondere für Konstellationen, in denen die Gewerblichkeit im Übergangszeitraum (2022–2023) nicht wiederhergestellt wurde.
Fazit
Die Kurzinformation des FinMin Schleswig-Holstein bringt wichtige Klarstellungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EStG. Dennoch bleibt in einigen Punkten – insbesondere bei nachlaufenden Betriebsausgaben und Investitionsabzugsbeträgen – die Rechtslage offen. Die anhängigen Verfahren beim BFH (Az. III R 35/24 und III B 24/24) werden hier voraussichtlich wegweisend sein.
🔁 Empfehlung für die Praxis:
- Anlagegrenzen sorgfältig prüfen
- Freistehende Module gesondert bewerten
- IAB und Verlustverrechnung rechtlich absichern
- Verfahren ggf. ruhend stellen lassen
Weiterführende Unterstützung
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Quelle: ESt-Kurzinfo
Autor: NAUTILUS-Akademie
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