Forderung ausbuchen bei Zerwürfnis

Forderung ausbuchen bei Zerwürfnis

Für die Praxis: Aktivierung von bestrittenen Forderungen – Ja oder Nein? Nzw. wann? Forderung ausbuchen bei Zerwürfnis – Urteil des FG Münster vom 06.03.2025 (7 K 2394/20 E, G)

Praxisproblem

In der steuerlichen Praxis kommt es regelmäßig vor, dass Forderungen aus wirtschaftlichen oder tatsächlichen Gründen nicht weiterverfolgt werden – etwa wegen aussichtsloser Eintreibung, zerrütteter Geschäftsbeziehungen oder explizitem Bestreiten durch den Schuldner. Solche Ausbuchungen werden jedoch in Betriebsprüfungen oft kritisch hinterfragt – insbesondere, wenn der Schuldner (noch) als zahlungsfähig gilt.

Aktuelle Rechtsprechung

Ein aktuelles Urteil des FG Münster bietet hier nun eine wichtige Argumentationshilfe für die steuerliche Abwehrberatung: Wird eine Forderung vom Schuldner dem Grunde nach bestritten, besteht ein Aktivierungsverbot – auch wenn die Forderung rechtlich entstanden ist.

Sachverhalt in Kürze

Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Unternehmensberatung Forderungen gegenüber einem Mandanten ausgebucht. Eine Geltendmachung unterblieb, da der Schuldner jede Zahlung verweigerte, anwaltlich die Berechtigung der Forderung bestritt und der Vertrag bereits beendet war. Das Finanzamt erkannte die Ausbuchung nicht an, da weder ein Mahnbescheid noch ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wurde.

Die Klage hatte Erfolg – mit weitreichenden Folgen für die Praxis.

Kernaussagen des FG Münster

Das Gericht entschied zugunsten des Steuerpflichtigen und stellte klar:

  • Keine Aktivierung bei wirtschaftlicher Nichtverwertbarkeit: Maßgeblich sei, ob die Forderung zum Bilanzstichtag wirtschaftlich ausnutzbar sei – also einen realisierbaren Vermögenswert darstellt. Bei einer bestrittenen Forderung ist das nicht der Fall.
  • Bestrittene Forderung = wirtschaftlich wertlos: Eine Forderung, die dem Grunde nach substantiiert bestritten wird, darf nicht mehr in der Handels- und Steuerbilanz angesetzt werden. Ein Wahlrecht zur Aktivierung besteht nicht.
  • Zeitpunkt entscheidend: Bereits dann, wenn am Bilanzstichtag absehbar ist, dass der Schuldner die Forderung bestreiten wird, ist eine Aktivierung unzulässig. Die Pflicht zur vorsichtigen Bilanzierung (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) gebietet es, bereits drohende Streitigkeiten zu berücksichtigen.

Abgrenzung und praktische Bedeutung

Das Urteil knüpft an die BFH-Rechtsprechung an (u. a. BFH v. 03.06.1993 – VIII R 26/92) und schafft Klarheit für die Praxis:

  • Handelsbilanz: Forderungsverluste infolge vollständigen Bestreitens sind als Aufwand zu erfassen, nicht bloß als Einzelwertberichtigung.
  • Steuerbilanz: Eine Teilwertabschreibung ist zwingend vorzunehmen – ein bloßes Wahlrecht besteht nicht mehr.
  • Umsatzsteuer: Die Umsatzsteuer ist gem. § 17 UStG zu berichtigen, sobald die Forderung als uneinbringlich gilt. Hierzu genügt eine eindeutige Verweigerung durch den Schuldner – ein gerichtliches Urteil ist nicht erforderlich.

Praxishinweise für Steuerberater

  1. Dokumentation ist entscheidend: Der Grund für die Ausbuchung sollte sorgfältig dokumentiert werden (z. B. anwaltliches Schreiben, Korrespondenz, Kündigung des Vertrags). Dies erleichtert die Verteidigung im Rahmen einer Betriebsprüfung.
  2. Teilweise bestrittene Forderungen: Wird nur ein Teilbetrag bestritten, ist auch nur dieser Teil nicht zu aktivieren bzw. auszubuchen.
  3. Keine voreilige Ausbuchung: Bestehen nur vage Zweifel oder unspezifische Zahlungsschwierigkeiten, sollte vorerst eine Einzelwertberichtigung geprüft werden. Die Ausbuchung sollte auf substanzielle Hinweise gestützt sein.
  4. Frühe Kommunikation mit Mandanten: Insbesondere bei wiederkehrender Beratung ist eine frühzeitige Prüfung des Forderungsbestands am Bilanzstichtag anzuraten – mit Blick auf mögliche Streitfälle.

Fazit

Das Urteil des FG Münster stärkt die Position der Steuerpflichtigen in Streitfällen um uneinbringliche Forderungen. Für Steuerberater bietet es eine fundierte Argumentationsbasis gegenüber der Finanzverwaltung – sofern eine dokumentierte, substantielle Bestreitung vorliegt.

Die Entscheidung zeigt: Nicht jede Forderung gehört automatisch in die Bilanz – und nicht jede Ausbuchung ist ein Indiz für mangelnde kaufmännische Sorgfalt.

Tipp für die Beratung: Eine Checkliste zur Bilanzierung von Forderungen bei Zahlungsstörungen (inkl. handels-, steuer- und umsatzsteuerlicher Behandlung) sollte fester Bestandteil der Jahresabschlussbesprechung sein – insbesondere bei Dienstleistungsunternehmen mit starkem Forderungsbestand.

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Autor: NAUTILUS-Akademie

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Quellen: