Kürzere Nutzungsdauer bei älteren Gebäuden beantragen

Kürzere Nutzungsdauer bei älteren Gebäuden beantragen

FG Münster stärkt Aussagekraft von Sachverständigengutachten – Restnutzungsdauer steuerlich anpassen – auch ohne öffentlich bestellten Gutachter möglich!

Praxisthema

Die Abschreibung von Gebäuden ist für viele Mandanten ein bedeutender Steuerfaktor. Während § 7 Abs. 4 EStG typisierte Abschreibungssätze vorgibt (z. B. 2 % bei Vermietungsobjekten), lässt § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ausdrücklich eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer zu – sofern sie nachgewiesen wird. In der Praxis erfolgt dies regelmäßig durch ein Sachverständigengutachten. Doch wie qualifiziert muss ein solcher Sachverständiger eigentlich sein?

Update aus Münster: FG erkennt Gutachten trotz Zweifeln des Finanzamts an

Mit Urteil vom 02.04.2025 (14 K 654/23 E) hat sich das FG Münster erneut mit der Anerkennung eines Restwertgutachtens befasst – mit erfreulichen Signalen für die steuerliche Abwehrberatung:

Das Gericht erkannte das Gutachten an, obwohl das Finanzamt die Zertifizierung des Sachverständigen infrage gestellt hatte.

Der Sachverständige verfügte über Zertifikate nach DIN EN ISO/IEC 17024. Das FA bezweifelte die Akkreditierung der Zertifizierungsstelle – vergeblich. Denn: Eine solche Zertifizierung ist keine gesetzliche Voraussetzung für die Anerkennung eines Gutachtens zur Restnutzungsdauer!

Das FG überzeugte vielmehr die tatsächliche Sachkunde des Gutachters, der:

  • geprüfter und zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung (IHK) war,
  • zusätzlich Qualifikationen zu Bauschäden/Baufehlern und Schimmelschäden (TÜV) hatte,
  • und Mitglied in anerkannten Sachverständigenverbänden war.

Zudem hatte er das Objekt vor Ort besichtigt, sodass das Gutachten nicht nur auf Modellrechnungen nach der ImmoWertV beruhte.

Praxistipp: Argumentationshilfe bei Streit mit dem Finanzamt

Für Berater ergibt sich aus dem Urteil eine wertvolle Verteidigungslinie:

  • Eine formale Bestellung zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ist nicht zwingend.
  • Fundierte Fachqualifikationen und ein nachvollziehbar erstelltes Gutachten können genügen.
  • Die Inaugenscheinnahme des Objekts durch den Gutachter sollte dokumentiert sein.
  • Das Gutachten sollte sich methodisch an der ImmoWertV orientieren, aber zusätzlich individuelle Zustandsmerkmale berücksichtigen.

Keine Revision – Urteil rechtskräftig

Das FG Münster hat die Revision nicht zugelassen – das Urteil ist damit rechtskräftig und kann in Betriebsprüfungen und Einspruchsverfahren als starke Argumentationshilfe dienen.

Fazit für die Kanzleipraxis:
Bei Mandanten mit älteren Immobilien lohnt sich die Prüfung, ob eine kürzere Restnutzungsdauer angesetzt werden kann – insbesondere bei Gebäuden mit baulichen Mängeln, veralteter Substanz oder Schimmelschäden. Das aktuelle Urteil senkt die Hürden für die Anerkennung entsprechender Gutachten und bietet damit Potenzial für Steuergestaltung und -ersparnis.

Tipp

Setzen Sie gezielt auf qualifizierte, aber nicht zwangsläufig öffentlich bestellte Sachverständige – und verweisen Sie im Zweifel auf das FG Münster, 14 K 654/23 E!

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Quelle: FG-Urteil

Autor: NAUTILUS-Akademie

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